Einsam, rau, ungestüm – mit diesen drei Worten kann man den Südwesten Fuerteventuras wohl am treffendsten beschreiben. Schroffe Felsklippen, an denen sich der Atlantik in tosenden Wellen aufbäumt, bizarre Steppenlandschaften und unzählige Vulkane bestimmen sein Gesicht. Für viele ist der Süden die schönste Gegend der Insel. Auch oder vielleicht gerade weil er nicht ganz so einfach zu erreichen ist.
Eine Rundreise mit dem Avis-Mietwagen führt sie zu den spektakulärsten Plätzen des wilden Südens. Ausgangspunkt ist Morro Jable, eine der ältesten Hafenstädte Fuerteventuras auf der Halbinsel Jandía, direkt vor den Toren des Naturschutzgebiets Parque Natural de Jandía.
Autovermietung fuerteventuraVor 40 Jahren war in Morro Jable vom Tourismus noch wenig zu spüren. Im Hafen verankerten die Fischer ihre kleinen Boote, nach getaner Arbeit ließen sie sich in den urigen Kneipen Tapas und Paella schmecken. Das Leben war langsam, ruhig. Doch seither hat sich viel verändert: Heute schlendern auf der Hafenpromenade mit ihren altmodischen Bänken und niedlichen Laternen Urlauber entlang. Im charmanten Wirrwarr aus schmalen, manchmal auch steilen Gassen, sprießen neben kleinen Cafés, Fischrestaurants und traditionellen Geschäften die Souvenirläden aus dem Boden. Auf 8.000 Einwohner kommen inzwischen doppelt so viele Gästebetten. Die meisten Besucher kehren nach ein, zwei Tagen in ihre Ressorts zurück. Doch unsere Erkundungsreise mit dem Mietwagen fängt hier erst an.
Kurz hinter Morro Jable führt eine kurvige Straße in die steinige Wüste des Südens Fuertes, wie die Bewohner ihre Insel nennen. Am Eingang zum Nationalpark von Jandía wird aus dem Asphalt Schotter. Die Straße ist holprig, steil und eng, aber die einzige Möglichkeit, das nächste Ziel zu erreichen: das rund 24 Kilometer entfernte Dörfchen Cofete.
Dorf mag etwas zu viel gesagt sein, denn von Cofete ist heute nur noch eine Ansammlung von heruntergekommenen Steinhäusern und Wellblechhütten ohne fließendem Wasser übrig. Bereits 1960 soll Cofete aufgrund seines Einwohnerschwundes aus dem Inselregister gestrichen worden sein. Heute springen vor allem Ziegen über die Schottergassen. Und fast jeder der nur 15 verbliebenen Bewohner lebt von deren Haltung. Auf einem 100 Meter hohen Hügel steht ein kleines Windrad, das die einzige Bar mit Strom versorgt. Sie bietet vorbeiziehenden Jeeptouristen kleine Sacks aus Ziegenfleisch oder frischem Fisch. In der Ferne ragt das Jandía-Massiv über 800 Meter in die Höhe und bietet eine bizarre Kulisse für den ohnehin schon mysteriösen Ort.
Was Cofete dazu so besonders macht, ist sein Strand. Mehr als zehn Kilometer erstreckt sich der weiße Playa de Confete nach Norden. Manchmal umspülen meterhohe Wellen das Ufer. An klaren Tagen kann man stundenlang barfuß am Wasser entlangspazieren, ohne auch nur einem Menschen zu begegnen. Der Strand steht unter Naturschutz, da hier die Karettschildkröte eine neue Heimat gefunden hat. Der wachsende Tourismus hatte sie von Fuerteventura vertrieben. Heute helfen die Insulaner mit, ihre Population wieder zu vergrößern.
Gleich bei Cofete, auf einem Landhügel inmitten der kargen Landschaft, liegt die sagenumwobene Villa Winter. Das zweigeschossige Gebäude mit dem massiven Rundturm und den imposanten Rundbögen ist nur mit dem Jeep oder zu Fuß über eine holprige Schottenpiste zu erreichen.
Warum der deutsche Ingenieur Gustav Winter in den 1930er Jahren ausgerechnet hier eine riesige Villa hat bauen lassen, weiß auf Fuerte niemand so genau. Seit jeher ranken sich seltsame Gerüchte um das Haus, dessen Außenwände inzwischen stark vom Wind und Wetter gezeichnet sind. Eine Legende besagt, dass die Villa über ein unterirdisches Höhlensystem mit dem Meer verbunden war. Darunter soll sich ein U-Boot-Stützpunkt der deutschen Marine befunden haben. Andere spekulieren, dass Winter, angeblich ein Vertrauter Hitlers, das Haus als Exilheimat für den Führer und seine Gefährtin Eva Braun erbauen ließ. Und dann gibt es noch die Geschichte, die Villa sei Zwischenstation für Deutsche mit Nazivergangenheit auf der Flucht nach Südamerika gewesen. Beweise für all das hat man freiwillig nie gefunden.
Offiziell ist es nicht möglich, die Villa zu besichtigen. Allerdings helfen ein paar Euro Trinkgeld dabei, die Türen zu den mysteriösen Gemäuern zu öffnen.
Auf halbem Weg zwischen Cofete und Morro Jable zweigt die staubige Piste ab und führt durch die pflanzenarme Halbwüste zur Punta de Jandía, vorbei an der Strandbucht von Playa de Ojos. Hier bricht die Brandung des Atlantiks derart ungestüm auf die Insel herein, dass das Rauschen noch viele Kilometer entfernt zu hören ist.
Kurz vor dem Ziel, der schmal ins Meer ragenden Inselspitze, liegt das Fischerdorf Puerto de la Cruz. Von hier aus sind es nur noch wenige Minuten mit dem Mietwagen bis zu Fuerteventuras äußerster Südwestspitze. Schon von Weitem ist der Leuchtturm Faro de Jandía an der Steilküste der Punta de Jandía zu sehen. Er wurde 1864 in Betrieb genommen und beherbergt heute auch ein Meeresbiologiemuseum. Der Blick von oben über die karge Landschaft des entlegenen Inselzipfels ähnelt der Kulisse eines Endzeitfilms.