Gerade einmal 150 Kilometer liegt Gran Canaria von der Küste Afrikas entfernt. Und dank der Gute-Wetter-Garantie fallen die Touristen jedes Jahr in Scharen ein. Dennoch hat sich die drittgrößte Kanareninsel bis heute ihren ländlichen Charme bewahrt – man muss nur etwas genauer hinsehen. Während sich in den großen Küstenressorts und Stränden die Urlauber wie Sardinen aneinanderreihen, verzaubert das bergige Hinterland mit einer atemberaubenden Landschaftskulisse, archäologischen Stätten und kleinen Bergdörfern, in denen das Leben noch gemächlich seinen Gang geht. Erkunden Sie auf unserer Mietwagen-Tour die ursprüngliche Seite der Insel – ein, zwei oder auch drei Tage lang.
Autovermietung Gran CanariaUnweit der Altantikküste auf rund 275 Metern Höhe beginnt die Reise im beschaulichen Agüimes. Das Städtchen etwas abseits der Touristenzentren, am Eingang zur Schlucht von Guayadeque, ist nicht besonders groß, hat aber seinen ganz eigenen Charme. Die entzückenden kleinen Straßen schmücken traditionelle kanarische Häuser mit überwiegend braun und grün gestrichenen Fenstern und Türen, sowie kleinen naturbelassenen Felsquadern in den hellen Wänden. Die Cafés, die sich um den Platz vor der Kirche zwischen Bäumen und Bänken verteilen, sind ein beliebter Treffpunkt der Einheimischen.
Agüimes wurde nach der spanischen Eroberung der Insel 1491 als Bischofssitz gegründet. Bei einem Spaziergang durch die alten Gassen offenbart sich schnell, dass Kunsthandwerk hier eine lange Tradition hat: Zwischen den putzigen Geschäften und urtümlichen Werkstätten verteilt stehen alte Bronzefiguren – mal ein Liebespaar, mal ein Lastesel oder Kamel. Sie alle erzählen von der langen Geschichte des Ortes, in dem im 16. Jahrhundert vor allem reiche Zuckerrohrplantagenbesitzer lebten.
Ein alljährliches Highlight ist der letzte Samstag im September, die Fiesta Traída del Agua y del Gofio zu Ehren der Bauern: Hunderte Menschen ziehen in traditioneller kanarischer Kleidung durch die Straßen und empfinden den Gang von der Mühle in die Stadt nach. Sie sammeln Säcke voller Gofio ein, dem berühmten gerösteten Getreidemehl, das man unbedingt probieren sollte. Auf dem Hauptplatz werden die Säcke bei einem Lebensmittelkampf geleert, während die Bewohner von den angrenzenden Balkonen Wasser auf die feiernde Masse hinuntergießen.
Auf dem Weg zum nächsten Stopp, Santa Lucía de Tirajana, führt die Straße um die Berge herum und passiert das verschlafene Dörfchen Temisas. Nicht einmal 400 Menschen leben in diesem Ort, der sich terrassenhaft an den Berghang schmiegt. Zwischen den original erhaltenen Steinhäusern eröffnen sich Panoramablicke weit über die wilde Natur der Bergwelt Gran Canarias und die Schlucht hinweg bis zum Meer hinunter. An Temisas vorbei führen auch die alten Königswege, die einst von den Altkanariern angelegt wurden, und zu einsamen Weilern und in entlegene Ecken der Insel führen.
Inmitten dieser rau-schönen Natur am Rande des Barranco de Tirajana liegt das malerische Örtchen Santa Lucía. Zwischen den alten flachen, meist mit weißer Kalkfarbe gestrichenen Steinhäusern ragen hohe Palmen empor. Schon von Weitem ist die weiße Kuppel der Kirche zu sehen. An den Hängen um den Ort herum liegen Bauernhäuser und -höfe. Landwirtschaft hat hier wie in vielen anderen kanarischen Bergregionen immer schon eine wichtige Rolle gespielt. Eine lokale Spezialität, die man unbedingt probieren sollte, sind die meist würzig eingelegten Oliven– am besten in einer Bar bei kanarischem Wein oder einem Mejunje de Ventura, dem köstlichen lokalen Rum-Honig-Kräutergemisch.
Etwas ab von der Route im Barranco de Fataga – auch als Tal der 1.000 Palmen bekannt – liegt das gleichnamige Dorf Fataga auf einem Felsvorsprung. Labyrinthartige, schmale Kopfsteinpflastergassen führen vorbei an traditionellen, mit Blumen verzierten kanarischen Häusern und reichen Obstgärten. Vor allem im Herbst hängen die vielen Orangenbäume voller Früchte und ein sanfter Zitrusduft liegt in der Luft. Am oberen Ende des UNESCO-Dorfes befindet sich die Molino de Agua, eine über 200 Jahre alte Finca mit Wassermühle, in der man sich von authentischer kanarischer Küche verwöhnen lassen – oder auch gleich eine Nacht im kanarisch-rustikalen Ambiente verbringen kann.
Gestärkt und ausgeruht geht es weiter nach La Goleta, einem Knotenpunkt, an dem Königswege in alle Himmelsrichtungen führen. Tauschen Sie den Mietwagen gegen die Wanderschuhe und spazieren Sie durch saftige Kiefernwälder zum Roque Nublo, dem Wolkenfelsen. Er ist zwar nicht der höchste Berg der Insel, aber dank seiner ungewöhnlichen Form einer der auffälligsten. Eigentlich verbirgt sich hinter dem emporragenden Basaltmonolithen lediglich das Überbleibsel eines erloschenen Vulkans. Für die Altkanarier jedoch war dieser Felsen – wie auch der Roque Bentayga in unmittelbarer Nachbarschaft – heilig und diente als Kultplatz zur Opfergabe. Etwas Mystisches haben diese Felsen auch heute noch: Hinter dem Roque Nublo fällt der Berg zum Caldera de Tejeda hinab und der Blick reicht weit in die Ferne über die Täler der Insel. Wenn sich ein Nebelschleier über die Berglandschaft schmiegt und die Basaltfelsen im Abendrot leuchten, bietet sich ein ganz besonderer Anblick.
Zurück am Parkplatz geht es mit dem Mietwagen auf den engen Straßen weiter durch die zentralen Berge Gran Canarias. Umgeben von grünen Bergkämmen, Kiefernwäldern und Tälern liegt am steilen Berghang auf 1.270 Metern Höhe das höchste Dorf der Insel: Artenara. Viele der gelb und weiß gestrichenen Häuser liegen in den Felsen. Im ältesten Teil stammen die Fels- und Höhlenwohnungen noch aus prähistorischer Zeit. Die Einheimischen haben sie liebevoll zu modernen Steinhäusern umgebaut. Hauptsächlich leben die Menschen hier von Schafen, Ziegen und Felderwirtschaft. Abends trifft man sich am Kirchplatz oder in den umliegenden Bars, um bei einem Gläschen Rum gemeinsam den Tag abzuschließen. Um den Platz herum versammeln sich neben der Kirche alle wichtigen Gebäude wie das Rathaus und die Polizeistation. Am Morgen weht ein leichter Kaffeeduft durch die Luft, denn dann öffnet das „Tamadaba“ seine Türen und serviert bis in die Nachmittagsstunden hinein auch köstliche lokale Tapas.
Vom Inselinneren führt der Weg über malerisch gewundene Straßen aus den hohen Bergen ins fruchtbare Tal von Agaete – und wieder zurück an die Küste. Hier im Westen Gran Canarias herrscht ein fast schon subtropisches Klima, indem Avocados, Mangos oder auch Papayas prächtig gedeihen und sogar Kaffee aufwändig angebaut wird. Von der dschungelgleichen Landschaft im Tal geht es in eine Lavawüste, die sich hier nach dem letzten Vulkanausbruch vor rund 3.000 Jahren gebildet hat. Nur wenige Autominuten von Agaete entfernt liegt der archäologische Park von Maipés, einst ein Fleckchen, an dem die Ureinwohner 700 so genannte Tumuli, also Hügelgräber, anlegten. Die Gräber wurden mit pyramidenförmig aufgestapeltem Vulkangestein verschlossen. Die archäologische Stätte zählt zu den bedeutendsten auf Gran Canaria – ist unter Touristen aber bis heute weitgehend unbekannt.