Rechts die schroffen Berghänge, links das blitzblaue Meer. Dazwischen Olivenbäume, Zypressen, Zitronen- und Orangenhaine. Aus der Ferne ertönt das Horn eines Urlauberbootes. Aus der Nähe das eines Autos. Wer auf der engen Ma-10 kurvt, macht sich gern mit lautem Hupen bemerkbar, bevor er um die nächste Ecke biegt.
Die Straße entlang der Westküste Mallorcas, an den Ausläufern des Gebirgszuges Serra de Tramuntana, gilt als die schönste der Insel - und als die abenteuerlichste. An vielen Stellen kaum breiter als ein Auto, schlängelt sie sich in engen Serpentinen die Hügellandschaft in Richtung Norden. Statt rasen ist hier Schneckentempo angesagt. Macht aber nichts, denn an jeder Ecke wird man mit einem postkartenreifen Panorama belohnt.
Lassen Sie Palma de Mallorca hinter sich und fahren Sie mit dem Mietwagen durch das Landesinnere in Richtung Südwesten nach Andratx. Wahrzeichen des Städtchens, das den Ausgangspunkt der Küstenstraße Ma-10 markiert, ist die Iglesia de Santa Maria, eine mächtige Kirche aus dem 14. Jahrhundert samt Verteidigungsturm gegen Piratenangriffe. Andratx ist ein gemütliches, typisch mallorquinisches Dorf mit engen Gässchen und Kopfsteinpflaster, das man schnell zu Fuß erkundet. Im fünf Kilometer entfernten Hafen mit seiner fjordähnlichen Bucht legen im Sommer neben den Fischerbooten die Yachten an.
Über eine kurvenreiche Straße geht es Richtung Norden in den Tramuntana-Nationalpark, seit 2011 offiziell UNESCO-Erbe. Sechs Kilometer hinter Andratx erklimmt die Landstraße den Coll de Sa Gran. Spätestens jetzt heißt es Fotoapparat oder Handy zücken, denn der Blick auf die Serrra d’es Pinotells ist absolut Instagram-tauglich. Ein echter Geheimtipp ist das Restaurant „Es Grau“, nur wenige Minuten mit dem Auto entfernt. Die Terrasse befindet sich direkt auf der Steilküste. Genießen Sie einen verspäteten Frühstückskaffee, während direkt vor Ihnen die Wellen gegen die Felsen donnern.
Nächstes Ziel ist das pittoreske Bergdorf Valdemossa, rund eine halbe Stunde mit dem Auto entfernt. Die Sandsteinhäuser stechen schon aus der Ferne ins Auge. Valldemossa ist ein Dorf wie aus dem Bilderbuch: Inmitten einer saftig grünen Hügellandschaft gelegen, reihen sich im Ortskern die honiggelben Häuschen aneinander, jedes liebevoll mit farbenfrohen Blumentöpfen dekoriert. In den Cafés stehen Einheimische wie Touristen für Cocas de Potatas Schlange, Kekse aus Kartoffelteig, eine Spezialität der Region. Valldemossa zieht seit jeher Prominente an: Frederic Chopin und sein Schriftsteller-Freund George Sand verbrachten hier 1838 den Winter im Kloster Reial Cartoixa. Viel ist nicht über den Aufenthalt bekannt, außer dass es wohl eiskalt war. Michael Douglas und Catherine Zeta-Jones hingegen erstanden am Ortsrand eine gemütliche Finca.
Für Urlauber empfehlen sich das luxuriösen Valldemossa Hotel oder das Boutique-Hotel Ca’s Papà (ab 290 bzw. 120 Euro im Doppelzimmer). Wenn Sie über Nacht bleiben, ist der Sonnenuntergang ideal für einen Abstecher zum Hafen.
Von Valldemossa geht es ins Künstlerdorf Deià. Die gerade einmal zehn Kilometer lange Strecke führt an drei Sehenswürdigkeiten vorbei: Links taucht nach drei Kilometern Son Moragues auf, der erste Besitz von Erzherzog Ludwig Salavator auf Mallorca, den man auch besuchen kann. Zwei Kilometer weiter liegt der Aussichtspunkt Ermita De Trinitat. Und schließlich der Herrensitz Son Marroig, der einst dem österreichischen Erzherzog Ludwig Salvator gehörte. Deià selbst ist winzig. Vorbei an den schmucken Häuschen mit ihren charakteristischen Fensterläden und kunterbunten Blumen geht es zu Fuß den Hügel hinauf zur Kirche. Dort können Sie Robert Graves‘ Haus besuchen – oder, das Tramuntana-Gebirge im Rücke, den Blick auf die Küste genießen. Schon Pablo Picasso und Sir Peter Ustinov ließen sich hier inspirieren.
Zehn Kilometer nördlich liegt Sóller. Die Straße dorthin ist gesäumt von Oliven- und Mandelbäumen, der letzte Abschnitt führt durch scheinbar endlose gelb-orange Zitrushaine. Sie haben Sóller den Spitznamen „Stadt der Orangen“ eingebracht. Und der ist Programm: Der Duft der frischen Früchte liegt über dem ganzen Ort. Ein paar Kilometer westlich, mit dem Mietwagen in wenigen Minuten über die Ma-11 zu erreichen (oder alternativ mit einer nostalgischen Straßenbahn), liegt der malerische Port de Sóller. Hier legen täglich die Fischer mit ihren Booten an. Der frische Fang kommt in den umliegenden Restaurants direkt auf den Tisch. Lassen Sie den Tag mit einem Schluck mallorquinischen Mandellikör ausklingen, bevor es zum Übernachten zurück nach Sóller, etwa ins stylishe Hotel Esplendido (ab 160 Euro pro Nacht), geht.
Entlang der Ma-10 fahren wir am nächsten Tag erst zum Lluc , dann weiter nach Pollenca. Genießen Sie einen Kaffee in einem der schmucken Altstadt-Lokale. Den besten Blick auf den Ortskern – und die Hügellandschaft drumherum – hat man von der Calvary aus.
Von Pollenca schließlich sind es nur noch 25 Fahrtminuten zur Halbinsel Formentor Peninsula. Ziel ist der 1863 eröffnete Leuchtturm Far de Cap Gros am nördlichsten Punkt Mallorcas. Er zählt zu den meistfotografierten Motiven der Insel. Und wenn man dort ist, versteht man schnell warum: Die Aussichtsplattform bietet einen spektakulären 360-Grad-Panoramablick über den Tramuntana-Nationalpark und die gesamte Küste. Während einem oben der Wind um die Nase pfeift, klatscht unten das Wasser an die Felswände.
Packen Sie wie die Einheimischen eine Flasche Wein, Käse und Cracker ein und genießen Sie noch einmal den Blick über den wilden Westen Mallorcas – bevor es zurück nach Palma geht.